Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 ist verfassungswidrig

Steuerzinsen gibt es sowohl bei Steuernachzahlungen als auch bei -rückzahlungen. Sie werden fällig, wenn sich die Festsetzung um mehr als 15 Monate verzögert, also ein Teil der Steuern erst im Nachhinein entrichtet wird oder die zu viel gezahlten Abgaben zu lange beim Fiskus liegen. Bei einer Erstattung profitiert somit der Steuerzahler, bei Nachzahlungen der Staat.

Durch die Zinsen auf Steuernachzahlungen will der Fiskus gewährleisten, dass alle Betroffenen gleichmäßig belastet werden. Sie sollen die Liquiditätsvorteile und damit Gewinne ausgleichen, die in der Zeit mit dem Geld hätten erwirtschaftet werden können. Anders als der Säumniszuschlag werden die Steuerzinsen daher nicht als Bestrafung gesehen. Sie gelten bei der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer.

Der einheitliche Zinssatz wurde bereits 1961 festgelegt und seitdem nicht mehr verändert. Er beträgt monatlich 0,5 Prozent, das heißt sechs Prozent pro Jahr.

Seit der Finanzkrise senkte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins in den vergangenen Jahren immer weiter. Der Einlagesatz liegt seit 2014 im negativen Bereich - aktuell steht er bei minus 0,5 Prozent. Damit müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Der Leitzins zur Versorgung der Institute mit Liquidität liegt seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Diese niedrigen Zinsen geben die Banken an die Einleger weiter.

Die Negativzinsen werden immer beliebter: Nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox verlangten im Juli 367 Banken und Sparkassen negative Zinsen von ihren Privatkunden, die Geld auf Giro- oder Tagesgeldkonten parken. Das sind doppelt so viele wie noch zu Jahresbeginn.

Die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen gemäß §§ 233a i.V.m.  238 Abs. 1 Satz 1 AO ist nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungswidrig, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5 % zugrunde gelegt wird (Beschluss vom 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17).

Trotz der festgestellten Verfassungswidrigkeit der Verzinsung nach § 233a AO ab 2014 bleibt das bisherige Recht für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen nichtanwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.

Bei privaten Steuerzahlern sind die Summen recht klein. Dennoch ist der Zins für verspätete Mitteilungen unverhältnismäßig hoch. Für alle, die nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind, konnte sich das Warten sogar lohnen. Sie müssen ihre freiwillige Erklärung erst vier Jahre nach Ende des jeweiligen Jahres abgeben und konnten somit ab dem 16. Monat Zinsgewinne erzielen - auch wenn diese wiederum in der nächsten Steuererklärung angegeben werden müssen.

Die Unternehmen trifft es härter, die hohe Steuerbeträge bezahlen. Sie mussten bisher drastische Nachforderungen fürchten. Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagten daher zwei Unternehmen, deren Gewerbesteuer nach einer Steuerprüfung deutlich nach oben korrigiert worden war. In dem einen Fall erhöhten sich die zu zahlenden Zinsen dadurch von 423 Euro auf mehr als 194.000 Euro. Auch im zweiten Verfahren geht es um einen sechsstelligen Betrag.

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